Störender Flicker im Bild entsteht prinzipiell immer dann, wenn die Netzfrequenz des elektrischen Stroms, der zum Betrieb der Leuchten verwendet wird, nicht mit der Aufnahmefrequenz der Kamera harmoniert. Wie stark der Flicker im Bild tatsächlich zu sehen ist, hängt unter anderem von der Art des Bildinhaltes und der Lichtrichtung ab. Ein flickerndes Gegen- oder Seitenlicht wirkt oft störender, als eine frontal auf das Objekt strahlende Lichtquelle. In hellen Bildbereichen oder bei High-Key-Aufnahmen fällt Flicker besonders schnell auf.
Doch wie lässt sich Flicker vermeiden? Dazu zunächst ein wenig Theorie:
Bei dem, was aus der Steckdose kommt, handelt es sich um Wechselstrom. Das bedeutet, der Stromverlauf wechselt periodisch seine Richtung. Die Frequenz, also wie oft er das tut, wird in Hertz (Hz) gemessen. In Europa liegt die Netzfrequenz bei 50 Hz (= 50 Perioden in der Sekunde), in Japan, den USA und zahlreichen weiteren Ländern bei 60 Hz.
Auf dem Video zu sehen ist die Zeitlupenaufnahme einer Gasentladungslampe. Das Licht wird durch einen Lichtbogen erzeugt, der zwischen zwei Elektroden brennt. Zu finden sind solche Leuchten zum Beispiel bei der Straßenbeleuchtung, in Geschäften und natürlich auch beim Film (HMI-Tageslichtleuchten). Deutlich auf dem Video zu sehen: Der Lichtbogen folgt der anliegenden Wechselspannung.
(Halogen-) Glühlampen erzeugen ihr Licht durch Erhitzen eines Wolframdrahtes. Um dem Spannungsverlauf vollständig zu folgen, kühlt er in dem Zeitraum des Nulldurchgangs zu langsam ab. Das Flickern ist also nicht ganz so ausgeprägt, aber in Zeitlupe durchaus gut sichtbar:
Erst bei Leistungsaufnahmen von 5 kW und darüber besitzt der Wolframdraht („Filament“) genügend Masse und damit Wärmespeicherkapazität, um die Stromlücke unsichtbar werden zu lassen. Scheinwerfer mit dieser Leistungsaufnahme lassen sich nicht mehr an einer normalen Steckdose betreiben, so dass man davon ausgehen muss, dass praktisch jede verfügbare Halogenlampe auch mehr oder weniger stark flickert.
Wie sich der Flicker vermeiden lässt
Die Bildwechselfrequenz einer Videokamera liegt in Europa üblicherweise bei 25 (Voll-)Bildern je Sekunde. Aus Vereinfachungsgründen gehen wir zunächst davon aus, dass die Belichtungszeit hierbei bei 1/25 Sekunde liegt*.
Betrachten wir das für den Zeitraum eines Einzelbildes, stellen wir fest, dass jedes Bild von vier Lichtpulsen belichtet wird. Es spielt keine Rolle, ob der Bildwechsel (wie in der Grafik) genau im Nulldurchgang oder an einer beliebigen anderen Stelle der Wechselstromperiode erfolgt, jedes Einzelbild bekommt immer die gleiche Lichtmenge ab.
Erhöhen wir nun die Bildfrequenz auf 30 Bilder in der Sekunde (Belichtungszeit 1/30 Sek.), sieht das schon anders aus. Der Bildwechsel (gelbe Strichmarkierung) ist jetzt nicht mehr synchron zur Lampenhelligkeit. Dadurch erhalten die ersten beiden Bilder drei Lichtpulse, während das dritte sogar von vier Lichtpulsen belichtet wird.
Das Resultat: Es besteht Flickergefahr!
Es gibt Abhilfe: Durch zusätzliches Verkürzen der Belichtungszeit auf 1/50 Sekunde erreichen wir, das jetzt jedes Einzelbild von exakt zwei Lichtpulsen belichtet wird. Damit besteht keine Flickergefahr mehr.
Aber: Die Bildfrequenz der Kamera und die Netzfrequenz sind nach wie vor nicht synchron. Dadurch liegen die Start- und Endpunkte jedes Einzelbildes in einem anderen Bereich der Wechselstromphase. Bei Glühlicht ist das unproblematisch. Bei manchen Gasentladungslampen schwankt die Farbtemperatur jedoch in Abhängigkeit von der Stromphase – schauen Sie sich das Video oben dahingehend noch einmal genau an! In einem solchen Fall kann es bei hierfür kritischen Motiven zu leichten Farbabweichungen zwischen den Einzelbildern kommen.
Erhöht man nun die Bildfrequenz auf 50 Bilder in der Sekunde und belichtet weiterhin mit 1/50, wird nach wie vor jedes Einzelbild mit exakt zwei Lichtpulsen belichtet. Da die Kamera jetzt wieder synchron zur Netzfrequenz läuft, sind auch die Belichtungs- und Endpunkte aller Einzelbilder identisch. Es kann weder zu Helligkeitsflicker noch zu Farbschwankungen kommen.
Daraus können wir für die tägliche Filmarbeit Folgendes ableiten:
Empfehlung:
Achten Sie bei der Wahl der Belichtungszeit immer darauf, dass Belichtungszeit und Netzfrequenz synchron zueinander sind. Optimal sind die Werte:
- 1/25 Sek.
- 1/50 Sek.
- 1/100 Sek.
Bei Gasentladungslampen und farbkritischen Motiven sollte zusätzlich auch die Bildfrequenz der Kamera synchron zur Netzfrequenz sein:
- 25 B/Sek.
- 50 B/Sek.
- 100 B/Sek.
Flicker bei Bildfrequenzen oberhalb der Netzfrequenz
Unter Berücksichtigung dieser Empfehlungen sind bis zu einer Bildfrequenz von 100 B/Sek. (bei einer minimalen Belichtungszeit von 1/100 Sek.) keine Flickerprobleme zu erwarten. Geht man mit der Aufnahmebildfrequenz darüber hinaus oder verkürzt die Belichtungszeit weiter, kommt ein zusätzliches Problem hinzu:
Für die Belichtung jedes Einzelbildes steht nur noch ein unvollständiger Lichtpuls zur Verfügung. Bei einer Bildfrequenz von 200 Bildern/Sek. und einer Belichtungszeit von 1/200 Sek. wird dieser im Idealfall genau zweigeteilt – flickerfreie, aber nicht unbedingt farbschwankungsfreie Aufnahmen wären theoretisch möglich (Grafik links). In der Praxis ist jedoch eher zu erwarten, dass die Kamera an beliebiger Stelle der Wechselstromphase startet. Jedes Einzelbild wird damit von einer unterschiedlichen Lichtmenge belichtet. Flicker ist unvermeidbar.
Ob und wie stark dieser Flicker im Bild sichtbar ist, hängt von der Art der verwendeten Lichtquelle ab. Für Temperaturstrahler (Glüh- und Halogenlicht) gilt: Je massiver der Glühfaden (=je höher die Leistungsaufnahme) desto geringer folgt die Lichthelligkeit der Wechselstromphase und desto geringer fällen die Belichtungsunterschiede und damit auch der Flicker aus.
Für Gasentladungslampen gilt: Es kommt darauf an, wie das Vorschaltgerät, welches zum Betrieb unabdinglich ist, aufgebaut ist. Bei Gasentladungslampen für allgemeine Beleuchtungszwecke (Straßenbeleuchtung, Geschäfte usw.) ist davon auszugehen, dass sie ab einer minimalen Belichtungszeit von 1/100 Sek. flickern. Auf HMI-Leuchten mit magnetischem Drosselvorschaltgerät trifft das ebenso zu. Mit als „flickerfrei“ gekennzeichneten HMI-Vorschaltgeräten sind in der Regel deutlich kürzere Belichtungszeiten und damit höhere Bildfrequenzen möglich. Eine generelle Aussage ist jedoch nicht zu treffen – Tests mit den individuell verwenden Leuchten sind zwingend.
Empfehlung für die Lichtauswahl
- Bei Glühlicht verwenden Sie Leuchten mit möglichst großem Glühfaden. Ab einer einer Leistungsaufnahme von 5 kW ist mit weitgehender Flickerfreiheit zu rechnen.
- Bei HMI-Leuchten mit magnetischen Drosselvorschaltgeräten oder Gasentladungslampen aus dem Bereich der Allgemeinbeleuchtung arbeiten Sie niemals mit mehr als 100 Bildern in der Sekunde. Achten Sie streng auf die Einhaltung der Empfehlungen zur Belichtungszeit. Belichten Sie niemals kürzer als 1/100 Sekunde.
- Bei HMI-Leuchten mit elektronischem flickerfreien Vorschaltgerät müssen Sie individuell testen, ab wann sich Flicker zeigt. Gänzlich frei von Flicker sind sie in vielen Fällen nicht.
- Unabhängig von der Art der Lichtquelle: Soweit Sie auf Drehstrom zurückgreifen können, schließen Sie drei leistungsgleiche Leuchten an jeweils eine Drehstromphase an und schicken Sie das Licht durch einen gemeinsamen Diffusor (Frostrahmen).
*Die empfohlene Belichtungszeit liegt für Aufnahmen mit 25 B/Sek. bei 1/50 Sek.
Klasse Beitrag und ein toller Blog, vielen Dank für die kostenlosen Infos!
Super Erklärung, das bestätigt meine Theorie bei den Champions League-Zeitlupen.